Hintergründe, Aufklärung und Lösungsstrategien
Was ist illegaler Welpenhandel? Viele Menschen können sich, trotz aller Medienpräsenz, die das Thema derzeit hat, nichts Genaues darunter vorstellen. Wann ist der Handel mit Welpen kriminell und wer steckt dahinter? Warum ist das hochlukrative Geschäft nicht durch deutsche Gesetze zu verhindern – und schließlich: Wer kauft eigentlich die Welpen, die unter tierschutzwidrigsten Bedingungen in osteuropäischen Zuchtfabriken das Licht der Welt erblickten, um quer durch die Europäische Union zu ihren Endkunden transportiert zu werden?
Wir wollen auf unserer Kampagnenseite informieren, wie Sie auf skrupellose Hunde-Vermehrer aufmerksam werden, wen Sie um Hilfe bitten können und was der Bundesverband Tierschutz von der Politik fordert, um das kriminelle Geschäft mit Welpen zu begrenzen – und bestenfalls zu unterbinden.
Eine Kampagne des Bundesverband Tierschutz e.V.
Der illegale Welpenhandel ist mit dem Internet groß geworden und erlebt seit der Corona-Pandemie einen weiteren Boom. Der Grund: Bei vielen Menschen haben die Beschränkungen während der aufeinander folgenden Lockdowns den Wunsch aufkommen lassen oder verstärkt, sich einen Hund anzuschaffen. Wenn möglich sofort, ohne lange Wartezeit und Kennenlern-Wochen, wie sie Tierheime im Sinne ihrer Vermittlungshunde vorschreiben.
Wer vor Beginn des digitalen Zeitalters einen Welpen aufnehmen wollte, erkundigte sich schriftlich oder telefonisch bei dem Verband für das deutsche Hundewesen (VDH) nach speziellen Rassehund-Verbänden und deren angeschlossenen Züchtern, die mit langem Vorlauf ihre Wurfplanung für das Jahr durchgaben. Heute ist der Kauf eines Welpen im World Wide Web nur noch eine Sekundenangelegenheit.
Die entsprechenden Handelsplattformen (ebay-Kleinanzeigen, quoka.de, dhd24.de etc.), auf denen alle Tierarten nebst Wildtieren, geschützten und selbst sogar bedrohten Arten angeboten werden, präsentieren Hunde aller Rassen, Farbschläge, Altersstufen und für alle Einsatzbereiche. Die Verkaufsanzeigen für Hundebabys folgen dabei stets dem selben Schema: Ein sehr junger Welpe, Kulleraugen, großer Kopf, tapsige Pfötchen, anrührend, verspielt und hilfsbedürftig zugleich schaut in die Kamera, den künftigen Hundehaltern direkt ins Gesicht. „Das war Liebe auf den ersten Blick“, heißt es dann, und genau darauf zielen die Darstellungen: Die Interessenten sollen ihre Emotionen in die „richtigen“ Bahnen lenken – und das Hundekind so unbedingt haben wollen, dass sie mögliche Zweifel (wegen eines abgelehnten Besichtigungswunsches vor Ort oder anderer Unstimmigkeiten) verdrängen.
Darüber hinaus machen es die Begleittexte Uneingeweihten oft schwer zu erkennen, ob hier seriöse Züchter ihren verantwortungsvoll gezogenen Wurf vorführen oder auf den schnellen Profit ausgerichtete Vermehrer aus Polen, Tschechien, Bulgarien, Ungarn und Rumänien ihre Welpen aus tierschutzwidrigen Massenzuchten anbieten.
Während vor Jahren nicht korrektes Deutsch, fehlende Angaben zum Welpen, den Elterntieren, ihrem Gesundheitszustand (HD-Freiheit etc.), vorherigen Würfen, Prämierungen und vielen wichtigen vorenthaltenen Informationen mehr Interessenten hätten misstrauisch machen können, hat die Szene mit ihren mafiösen Strukturen inzwischen aufgerüstet. Anzeigen und Webseiten der angeblichen Zuchtstätten in Deutschland sind häufig so professionell gemacht, dass nur Insider erkennen, dass hier straff organisierte Welpenhändler am Werk sind.
Die Dimension des illegalen Welpenhandels
50.000 Welpen werden pro Monat durch die europäische Union transportiert, besagt eine aktuelle EU-Erhebung. 10,7 Millionen Hunde lebten 2020 in Deutschland (Quelle: Industrieverband Heimtierbedarf), wobei bis Frühjahr 2021 die Zahl der Hunde, Katzen und Kleintiere noch einmal um weit über eine Millionen zugelegt hat.
Deutschland gehört neben Belgien und Frankreich zu den Hauptabnehmerländern, doch auch Dänemark, Spanien und Italien holen sich (trotz des gewaltigen Straßenhundeproblems im Süden) zusätzlich Hundekinder aus den düsteren Kinderstuben ins Land. Je länger der Transport, desto größer die Gefahr, dass die viel zu jungen Welpen die Strapaze nicht überleben.
Wenn Zufallskontrollen der Polizei einen Welpentransport stoppen, finden die Beamten dehydrierte Tiere, schwächlich, ausgehungert und beschlagnahmen die lebende Fracht, weil Papiere fehlen oder gefälscht sind, die vorgeschriebenen Impfungen nicht durchgeführt wurden, kein Mikrochip implantiert ist oder die Welpen zu jung zum Transport sind.
Als Strafe können bis zu 25.000 Euro verhängt werden, wenn die Beamten neben oben erwähnten Auffälligkeiten Folgendes registrieren:
Bayern ist als grenznahes Bundesland besonders von dem kriminellen Geschäft mit Hundebabys betroffen. Auf der Webseite des Umweltministeriums wird kritisiert, dass Beschlagnahmungen von Welpen nicht im Sinne des Strafrechts geahndet würden, sondern auf der Grundlage des Tierschutzgesetzes. Damit drohten den auffälligen Transporteuren in der Realität keine 25.000 Euro Strafe oder Gefängnis, sondern eine geringe Geldstrafe von wenigen hundert Euro. Doch könnten nicht die Bundesländer selbständig ein höheres Strafmaß festlegen, sondern nur der Bund. Zudem müsse die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen den illegalen Welpenhandel gefördert und das Thema dringend auf europäischer Ebene angegangen werden.
Zurück zu den Einreisebestimmungen von Welpen, die aus einem EU-Mitgliedsstaat nach Deutschland verbracht werden: Tatsächlich darf ein junger Hund erst im Alter von 15 Lebenswochen nach Deutschland einreisen, weil Welpen frühestens in der 12. Lebenswoche gegen Tollwut geimpft werden können und sich der Impfschutz innerhalb der nächsten drei Wochen aufbauen muss. Fehlende Impfungen oder angeblich durchgeführte Impfungen bei zu jungen Welpen sind der häufigste Grund, weshalb die transportierten Tiere beschlagnahmt und in Quarantäne gebracht werden.
Die Vermehrer oder deren Mittelsmänner bleiben die rechtlichen Eigentümer der Tiere und erhalten sie nach Ablauf der Quarantäne sogar zurück, wenn sie die Kosten für die Quarantänezeit (ca. 30-40 Euro pro Tag und Welpe) begleichen.
Bis zu 150 solcher Transporte fallen pro Jahr der Polizei an den Grenzen Deutschlands auf. Doch diese Angaben sind nicht aussagekräftig: Bei allein 50.000 innerhalb der EU transportierten Welpen pro Monat besagen diese Zahlen doch nur, dass offensichtlich zu wenig kontrolliert wird und die Welpenhändler mittlerweile so geschickt sind, ihre lebende Fracht ohne Aufsehen durch die europäischen Mitgliedsstaaten zu bringen.
Was ist so schlimm, wenn ich einem Welpen aus einer schrecklichen Vermehrerstation ein schönes Zuhause gebe? Kann ich nicht seine unschöne Kinderstube wieder wettmachen, indem ich verantwortungs- und vor allem liebevoll mit ihm umgehe?
Das fragen sich viele Menschen – und sie fragen es auch uns Mitarbeiter vom Bundesverband Tierschutz. Doch leider ist die verlorene Zeit in der frühesten Kindheit eines Welpen nicht aufzuholen. Die Hundebabys brauchen nicht nur die Muttermilch für ein intaktes, leistungsstarkes Immunsystem, sondern auch die Anwesenheit von Mama und Geschwistern.
Diese erste Prägephase ist entscheidend für die späteren Lebensjahre; sie macht aus einem Welpen einen sozialen Hund oder eben, wenn er die Sozialisierung durch seine Familie nicht erleben durfte, einen schwierigen, unsicheren und problematischen Hund.
Verantwortungsvolle Züchter kümmern sich um jeden Welpen aus dem Wurf ihrer Zuchthündin. Sie bringen den Kleinen zusammen mit der Mutterhündin bei, ruhig und gelassen auf überraschende Umweltreize zu reagieren. Ob Plastikbälle in einem Spielbassin durcheinander kullern, Kinder rufen und laufen, Regenschirme aufgespannt werden, Autofahrten und fremde Besucher anstehen, ungewohnte Geräusche von Rasenmäher, Staubsauger und Automotor ertönen – je mehr die Welpen auf feinfühlige Weise in ihren ersten Lebenswochen lernen und erfahren konnten, desto souveräner werden sie sich in ihrem neuen Zuhause verhalten und auf Neues einstellen können.
Der Nachwuchs aus den unwirtlichen Zuchtfabriken hat nicht nur diese wichtige Prägung nicht durchlaufen dürfen, sondern ausschließlich Negatives in seinen ersten Lebenswochen erfahren müssen. Ein reizarmes Umfeld in Schmutz, Gestank und Dunkelheit, fehlende – und vor allem fehlende positive – Kontakte zu Menschen, die frühe Trennung von Mutter und Wurfgeschwistern und der daraus resultierende Entzug der Muttermilch, die der junge Organismus dringend für die Ausbildung eines leistungsstarken Immunsystems bräuchte, gehören ebenso dazu wie die nicht stattfinde tierärztliche Versorgung.
Keine Entwurmung, keine Impfung – die Folgen der ausschließlich auf Gewinnmaximierung ausgelegten, desaströsen Aufzuchtbedingungen sind Welpen, die dem späteren Leben nicht standhalten können. Entweder erkranken die Kleinen auf dem tagelangen Transport oder nach wenigen Tagen im neuen Zuhause. Erbrechen, Durchfall, Apathie und der rasch zunehmende körperliche Verfall deuten auf Infektionen hin, die es in Deutschland aufgrund des konsequent umgesetzten Impfablaufes für Welpen nicht (mehr) gibt. Und so bleibt vielen Hundehaltern, die sich eben noch über ihren jüngsten Familienzuwachs freuten, die Trauer um das so früh verstorbene Tier oder die zusätzliche Sorge um das Familienbudget, wenn der kränkelnde Welpe kostenintensiv über Monate und vielleicht sogar dauerhaft behandelt werden muss.
Das Internet als Umschlagplatz für illegale Welpenhändler
„Welpen aus liebevoller Familienaufzucht“ ist der prägende Satz, der sich durch fast alle Verkaufsanzeigen zieht. Er soll den Interessenten die Gewissheit geben, dass die Welpen mit der Mutterhündin und ihren Geschwistern im Haus leben dürfen, Kontakt zu Kindern und Erwachsenen haben, mit alltäglichen Geräuschen und Gegenständen vertraut gemacht werden und eine verantwortungsvoll begleitete Sozialisierung durchlaufen.
Dass die Welpen selbstverständlich nur geimpft, entwurmt und gechipt abgegeben werden, wird ebenso erwähnt wie die Beteuerung, sich ein liebevolles neues Zuhause für die bislang behüteten Hundekinder zu wünschen.
Doch Vorsicht! Geschickt übernimmt die gesamte Logistik um die perfektionierte Maschinerie der Welpen-Produktion Formulierungen eines seriösen Hundeverkaufs, ohne je die Voraussetzungen dafür erfüllt zu haben.
Grundsätzlich raten wir vom Bundesverband Tierschutz von Tierkäufen aus dem Internet ab! Doch auch Tierheime und seriöse Züchter annoncieren mittlerweile ihre Tiere im Netz. Ihre Anzeigen unterscheiden sich jedoch in entscheidenden Punkten. In diesen Situationen sollten Sie misstrauisch werden, vom Welpenkauf absehen und gegebenenfalls Anzeige beim zuständigen Veterinäramt (und bei deren Dienstschluss und am Wochenende bei der Polizei) erstatten.
Warum können Welpen aus tierschutzwidrigen Vermehrungsstationen überhaupt so unkompliziert im Internet verkauft werden?
Weil im World Wide Web nahezu alles verkauft und angeboten werden darf. Auf den Handelsplattformen mit Tierverkauf müssen sich nur kommerzielle Züchter registrieren. Dies wird allerdings von den Betreibern unzureichend kontrolliert – und ohnehin ad absurdum geführt, wenn sich illegale Welpenhändler als „private Nutzer“ tarnen und sich somit eine Anonymität verschaffen können.
Über das Internet werden die Welpen angeboten, „bestellt“ und quer durch Europa zu ihren Zielorten gefahren. Wer den illegalen Welpenhandel eindämmen will, muss den Verkauf auf online-Plattformen erschweren.
Wir fordern die Bundesregierung auf, folgende Maßnahmen zu erlassen: